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queer und gesegnet

Geschichten vom gesegnetsein und Segnen

Wir haben queere christliche Menschen gebeten, uns etwas über Segen zu erzählen. Folgende Fragen/Satzanfänge haben wir ihnen als Impulse gegeben:

+ eine Situtaion, in der ich am meisten Segen gebraucht habe
+ Gab es Situationen, auf denen kein Segen lag?
+ Segen hat bei mir dies in Gang gebracht:
+ Segen hat mich dazu ermutigt/empowered…
+ Da habe ich unerwartet Segen erlebt:
+ Momente, in denen ich mich gesegnet gefühlt habe:
+ Situationen, in denen Kirche kein Segen für mich war
+ Wo war mein Queersein ein Segen?

Hören Sie oder lesen Sie ihre Geschichten und Texte vom Gesegnetsein und Segnen.

Johanna, trans Frau, lesbisch, 48 Jahre alt, Kirchenälteste, evangelisch
Robin, nichtbinär, queer, 20 Jahre alt, evangelisch

Timmi, schwul, evangelisch
Johannes, Mann, schwul, 55 Jahre alt, Pfarrer im Schuldienst, evangelisch
Samuel, trans Mann, 40 Jahre alt, evangelisch
Raphaela, trans*/nichtbinär/agender, queer, 39 Jahre alt, Bildungsreferent*in, römisch-katholisch

Von Raphaela gibt es keine Audiodatei, sondern ein paar Texte/Textschnipsel.

Selig sind die, die die Schubladen sprengen

Meine Lieblingsbibelstelle, die nicht in der Bibel steht, oder vielleicht doch… 😉

Selig sind die, die die Schubladen sprengen.
Sie werden sein wie das Schnabeltier und das Morgengrauen,
die durch ihr bloßes Dasein verkünden,
dass G*tt kreativer und queerer ist
als jeder „gesunde Menschenverstand“.

Raphaela Soden


Schlag in die Eingeweide

nichts neues
dennoch ein schlag
in die eingeweide

schwarz auf weiß
nicht segenswürdig
nicht segensfähig
unsere liebe
im grunde
wir
wenn wir lieben

behauptet ihr

ich nehme es euch
nicht mehr ab
dass überhaupt
irgend einer
eurer segen
g*ttes segen hat

Raphaela Soden (15. März 2021; Reaktion auf das Segnungsverbot von gleichgeschlechtlichen Paaren aus dem Dikasterium für die Glaubenslehre der römisch-kathlischen Kirche)


Meine Liebe ist ein Segen. Meine Kirche gerade nicht.

Meine Halsbeuge war noch nass von deinen Tränen. Seit Stunden schon streichelten meine Hände deine Schultern, Haare, Wangen, so als könnten sie damit deine in dich eingewüteten Ängste verscheuchen. Meine Arme versuchten die ganze Nacht schon, dich zu halten, während du zitternd an deinen Abgründen kauertest. Als ich mir auch nicht mehr anders zu helfen wusste, begannen Töne in mir zu klingen. „G:tt ist nur Liebe. Wagt für die Liebe alles zu geben. G:tt ist nur Liebe. Gebt euch ohne Furcht.“ Wieder und wieder summte ich, sang ich, wiegte ich dich. Irgendwann spürte ich, wie du ruhiger wurdest, dich langsam entspanntest, die Tränen versiegten. „Danke“ flüstertest du mir tonlos zu. Und dann nach einer Weile: „Durch deine Liebe spüre ich, dass es G:tt gibt.“
Viele Jahre später noch fühle ich mich gesegnet mit diesem Moment.

Raphaela Soden (17. März 2021; Reaktion auf das Segnungsverbot von gleichgeschlechtlichen Paaren aus dem Dikasterium für die Glaubenslehre der römisch-katholischen Kirche)


Ich glaube,
dass G*tt die Welt gewollt hat,
dass G*tt jeden einzelnen Menschen,
dich und mich,
gewollt hat,
genauso wir wir sind
und werden und lieben.
Und ich glaube,
dass G*tt dich und mich
und alles das,
was uns lebendig, was uns glücklich macht und gut tut,
gut heißt,
z. B. unsere Freund*innenschaften, unsere Beziehungen und auch unsere Liebe.

Um dieses Gutgeheißensein von G*tt spürbar zu machen, gibt es die christliche Tradition des Segens und des Segnens (lat. für segnen = benedicere = gut heißen, Gutes sagen).
Denn wir können uns manches nur schwer selbst geben und zusagen, so, dass es wirklich bei uns ankommt, dass wir es wirklich spüren können mit Haut und Haaren und Kopf und Bauch und Herz.

Wenn wir segnen und gesegnet werden, bedeutet das:
Ich lasse dich mit deinen Sinnen spüren, dass G*tt dich liebt.
Ich lasse andere spüren, dass ich daran glaube, dass G*tt ihre Liebe, ihre Freund*innenschaft, ihre Beziehungen gut heißt.
Ich lasse mir von einem anderen Menschen von G*tt her etwas Gutes zusagen, etwas, was mich ermutigt und stärkt, woran ich mich erinnern kann,
wenn es schwierig wird,
wenn es im Alltag Kraft kostet,
die Liebe zu mir selbst,
die Liebe zu meinen Lieben
und die Liebe zu anderen lebendig zu halten.

Ich glaube,
dass jeder Mensch
ein Segen ist
für andere,
für die Welt.
Und ich glaube,
dass jede Liebe
G*ttes Segen hat.

Und wenn du das auch glaubst,
dann segne!
Sprich anderen Menschen,
sprich besonders queeren Menschen und ihren Lieben G*ttes Segen zu,
damit sie spüren,
dass sie gesegnet
und ein Segen sind,
damit sie Kraft haben,
ihre Liebe zu leben,
obwohl es ihnen oft so schwer gemacht wird
– auch und vor allem von dieser Kirche.

Raphaela Soden

Judith, nichtbinär, queer, Theolog*in, römisch-katholisch
Elias, transident, 34 Jahre, evangelisch
Elke, evangelisch & Ulrike, katholisch, seit vielen Jahren ein Paar, insgesamt 6 Kinder

Wenn Sie mögen, nehmen Sie sich einen Moment Zeit und überlegen Sie, was Sie uns über Gesegnet sein und Segnen erzählt hätten. Lassen Sie sich gerne von den obigen Impulsen inspirieren.

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